Seit 2011 betreut der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Zusammenarbeit mit dem Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel den Ginkgo-Hain im Park Schönfeld in Kassel-Wehlheiden. Spenderinnen und Spender können hier Friedensbäume pflanzen. Der Ginkgo-Hain soll ein Ort des stillen oder gemeinsamen Gedenkens sein, der einlädt, über Krieg und Frieden nachzudenken und über Themen zu sprechen, die aktuell bewegen.

Bei der letzten Pflanzaktion am 24. April stand der Krieg im Nahen Osten im Zentrum. Baumspender waren die Kasselerin Inge Laubert und Landrat Andreas Siebert. Geladene Akteure waren die Arbeitsgemeinschaft Kassel der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e. V., vertreten durch ihr Vorstandsmitglied Boris Krüger, Schülerinnen des deutsch-israelischen Austauschprogramms von der Albert-Schweitzer-Schule sowie Schülerinnen und Schüler der Offenen Schule Waldau, die von der Bildungsarbeit des Volksbundes berichteten. Ernst Klein, Mitglied im Bundesvorstand „Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V.“, stiftete Gedenksteine mit QR-Codes für die Friedensbäume zur Erinnerung an Dr. Walter Lübcke und Albert Wesemeyer.
Krieg sei für sie immer weit weg gewesen, berichtete Lotta Wößner, Schülerin der Albert-Schweitzer-Schule, bei der Pflanzaktion auf dem Ginkgo-Hain. Dann wurde sie im vergangenen Jahr Teil eines Austauschprogramms mit israelischen Jugendlichen und sah beim Besuch der Gastschüler im sommerlichen Kassel, wie stark deren Leben schon immer vom Krieg geprägt war. Die Angst vor Alarm und die ständige Sorge, bei Sirenengeheul in Minutenschnelle Schutzräume aufsuchen zu müssen, konnten die jungen Israelis auch beim täglichen Picknick-Treffen an der Fulda nicht ablegen, so sehr war bei ihnen das Gefühl der permanenten Gefahr verinnerlicht.

Auch Kim Fritzsche und Jelka Lukela Breithardt haben am Austauschprogramm teilgenommen. Sie berichteten bei der Gedenkveranstaltung auf dem Ginkgo-Hain, wie erschüttert sie waren, als wenige Wochen nach dem Besuch der israelischen Freunde in Kassel der Angriff der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober das Leben von 1.200 Frauen, Männern und Kindern forderte. Der Gegenbesuch von Schülerinnen und Schülern der Albert-Schweitzer-Schule und der Elisabeth-Knipping-Schule, der noch im Oktober stattfinden sollte, musste entfallen. Erfahren hatten die Elftklässlerinnen von den Gräueltaten im israelischen Grenzgebiet nicht aus der Presse, sondern im direkten Austausch mit den Freunden per WhatsApp. „Hoffnung und Frieden für die israelischen Schülerinnen und Schüler“ wünschten die Mädchen mit einer Blattbotschaft in den Friedensbäumen.

Eine zweite Schülergruppe zog eine rote Linie von den aktuellen Themen der Gedenkveranstaltung zur Friedensarbeit des Volksbundes. Die Neuntklässler der Offenen Schule Waldau hatten sich gemeinsam mit Lehrer Tobias Schmidt und dem Landesverband Hessen im Volksbund über mehrere Monate hinweg mit Opfern des Zweiten Weltkriegs beschäftigt. Sie gestalteten eine Infotafel, die bald an der Kriegsgräberstätte auf dem Friedhof in Bettenhausen zu sehen sein wird.

Das Zusammenspiel der Schülerbeiträge machte deutlich: Krieg ist nicht weit weg, weder zeitlich noch räumlich. Nur wer sich mit ihm auseinandersetzt, kann aktiv für Frieden eintreten.

Herr Krüger in seinen Funktionen als Vorstandsmitgliede der Arbeitsgemeinschaft Kassel der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e. V. und Projektkoordinator des deutsch-israelischen Austauschprogramms redete differenziert über die schwierige Lage im Nahen Osten und sprach den Opfergruppen auf beiden Seiten des Konflikts sein Mitgefühl aus. Gleichzeitig appellierte Krüger eindringlich daran, gemeinschaftlich gegen Antisemitismus einzustehen, in der Welt und vor Ort.

Ernst Klein vom Bundesvorstand „Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V.“, hatte sich dafür eingesetzt, dass zwei bereits 2016 und 2019 gepflanzte Bäume Gedenktafeln erhielten. „Für zwei aufrechte Demokraten“ hatte er seinen Wortbeitrag überschrieben, den er dem Gedenken an den Sozialdemokraten Albert Wesemeyer und Kassels ehemaligen Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke widmete. Auf Kleins Initiative hin wurde erstmals bodennahe Steine an die Ginkgos gesetzt, die über QR-Codes Informationen zu den Personen bereithalten, an die die Bäume erinnern. Aus den dafür geschaffenen Texten trug Ernst Klein Lebensdaten der beiden Gewaltopfer vor. Er appellierte eindringlich an die anwesenden jungen Menschen, sich für den Erhalt von Frieden und Demokratie aktiv einzusetzen.

Baumspenden kamen in diesem Jahr von der Kasselerin Inge Laubert und Landrat Andreas Siebert. Siebert, der die Anwesenden in seiner Funktion als Vorsitzender im Kreisverband Kassel-Land im Volksbund begrüßt hatte, verband seine Baumspende mit einem Gedenkspruch: „Zum Schutz des Friedens braucht es wachsame Menschen und zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt.“