Die DDR liegt heute für die Schülerinnen und Schüler der Q4, die sich mit diesem Thema gerade im Geschtsunterricht beschäftigen, zeitlich so weit weg, wie für Jugendliche in den 80er Jahren der 2. Weltkrieg. Für sie ist sie ein fernes Land in einer anderen Zeit. Ihre Vorstellung wird oftmals von verzerrenden Ostalgie-Filmen wie z.B. „Gooybye Lenin“ bestimmt.

Das war Grund genug für die Europaschul-Koordination, nach zwei Jahren Corona-Zwangspause wieder einen DDR-Zeitzeugen an die Schule einzuladen, der am eigenen Leib die Auswüchse des SED-Regimes erlebt hatte. Thomas Raufeisen, der heute u.a. durch die Gedenkstätte Hohenschönhausen führt, hatte zu Beginn der 1980er Jahre in diesem Gefägnis und im berüchtigten Stasi-Knast Bautzen II als Häftling eingesessen. Wie es ihn, der eigentlich aus Hannover stammte, in die DDR verschlagen hatte, sagt der Titel seines Buches mehr als deutlich: „Ich wurde in die DDR entführt. Von meinem Vater. Er war Spion – Eine deutsche Tragödie“.

Thomas Raufeisen berichtete im freien Vortrag und mit Passagen aus seinem Buch anschaulich über die Drangsalierungen in einer totalitären Diktatur, aber auch über den ganz normalen DDR-Alltag. Gebannt hörten ihm die teilnehmenden Schülerinnen  und Schüler zu und stellten interessiert Fragen zu Raufeisens Schicksal sowie zur Jugendkultur in der damaligen DDR (z.B. Kleidung, Musik, Freizeit). Höhepunkt des Vortrags war eine Handgranate ohne Zünder, die der Zeitzeuge im Sportunterricht  anstelle eines Balls werfen musste. Sie wurde mit leichtem Schauder von Hand zu Hand gereicht.

90 Minuten vergingen so wie im Fluge und ohne Langeweile. Am Ende gab es großen Applaus und noch ein paar Einzelfragen an den Referenten, für die vorher keine Zeit mehr gewesen war. Die nächste Lesung im Februar 2024 ist schon fest gebucht.

Text und Bilder: Hr. Krüger